Manche Leute sollten die wenigen Tassen schützen lassen, die sie noch im Schrank haben.
Hier die zwei beklopptesten Fälle, die mir im Zusammenhang mit »schützen lassen« begegnet sind – beide von echter Landnahmermann-Mentalität nur so strotzend. Mal sehen, ob es mir gelingt, mich kurz zu fassen. Ich habe mich über beide so aufgeregt, dass dies hier zur Schimpftirade ausarten könnte.
Der eine Fall war also dieser: der Freund (frischgebackener Jurist) einer Freundin (Künstlerin und Mediengestalterin), erzählte mir eines Abends im Plauderton, er habe sich vor kurzem genialerweise »nicht rechteckige Buchformen« schützen lassen und ich möchte ihn doch, sobald ich Verletzungen seines Rechts entdeckte, sofort davon in Kenntnis setzen, damit er die Missetäter melken könne. Das brachte mich derartig auf, dass zum einen der Plauderton dahin war und zum anderen auch der ganze Abend. Interessanterweise fehlte ihm jedes Verständnis für meinen Unmut. Vielleicht können Sie es verstehen: Ich weiß nämlich zufällig, dass es »nicht rechteckige Buchformen« gibt, seit es Bücher gibt, und bin fassungslos, dass man sich eine althergebrachte Kulturform überhaupt schützen lassen kann. Welcher Juristen-Armleuchter bei welchem schlafmützigen Patentamt lässt sowas zu?
Und hier der andere Fall: Ein Freund (Betriebswirt) erzählte, dass seine 20-Leute-Firma von der Telekom verklagt würde, da die Logos der beiden angeblich verwechslungsfähig seien. »Lachhaft!!« war meine erste Reaktion. Außer, dass beide ein großes »T« haben, war daran nichts verwechslungsfähig, absolut gar nichts. Die zwei Logos sahen vollkommen unterschiedlich aus. Leider zeigte sich bald, dass es nichts zu lachen gibt, absolut gar nichts. Die erste Runde vor Gericht ergab zwar, dass die zwei Logos sich nicht ähnlich genug sehen. Damit war aber mein Freund mit seiner Firma noch nicht aus dem Schneider und der Fall noch lange nicht abgeschlossen. Der Richter gab – was ich skandalös finde – der Telekom den Tip, sie sollten doch mal versuchen, sich das große »T«, also den Buchstaben an sich, schützen zu lassen. Der Firma meines Freundes hingegen riet er, sich lieber zu überlegen, ob sie es wirklich mit der Telekom aufnehmen wollten. Für meinen Freund und seine Firma stellte die Aussicht auf Gerichtskosten, Kosten für Gutachten, eigene und gegnerische Anwälte in Höhe von um die 80.000 Euro das sichere Ende der Firma dar, während die Telekom mehrere Juristen beschäftigt, die den ganzen Tag nichts anderes tun, als deren Machtansprüche zu zementieren. Unser Staat überlässt also allen Ernstes Firmen, sich über dergleichen zu »einigen«. Wobei die »Einigung« in diesem Falle dann so aussah, dass die Telekom recht bekam und die Firma meines Freundes ein neues Erscheinungsbild samt allem was daran hing finanzieren durfte.
Ich gehöre nun wirklich nicht zu denen, die alle Nase lang nach dem Staat schreien, aber in diesen beiden Fällen denke ich doch, unser Staat … unser S’aa’ könn’e sich mal ein bisschen um sein Kul’urgu’ kümmern. Kann doch nich’ zulassen, dass uns ein ganzer Buchs’abe abhanden komm’! Mindes’ens ebenso ers’aun’e mich, wie lahm die Reak’ionen der Öffen’lichkei’ darauf waren. Zwar berich’e’en alle größeren Blä’’er und Sender davon, aber doch eher schlech’ als rech’, eher mi’ dem ‘enor »die böse böse ‘elekom ha’ schon wieder Bähbäh gemach’!«. Dass die sich e’was so Essen’ielles wie einen Buchs’aben un’er den Nagel reißen woll’e, lös’e keine Empörung aus. Wenn ich solche Geschich’en höre wie diese zwei, hä’’e ich gu’e Lus’, Juris’in zu werden oder Poli’ikerin. Oder am bes’en beides. Frechhei’ sieg’, oder was?