»Meine Spezialität ist
das Besondere.«

Juli Gudehus

Ehrenpreis für Gestaltung

Ist das nicht dop­pelt­ge­mop­pelt? fra­gen Sie sich viel­leicht. »Ehren­preis« … ist denn die Ver­lei­hung eines Prei­ses nicht bereits eine Ehre? Eigent­lich schon, wie etwa beim Pulit­zer-Preis oder beim Nobel­preis, deren Preis­trä­ger nichts wei­ter tun müs­sen, als Gro­ßes zu leis­ten. Aber ein Preis, den man bezahlt, damit man ihn über­haupt erhal­ten kann, ist wohl eher als Geschäfts­mo­dell zu ver­ste­hen. Und ein Staats­preis, den man bezah­len soll, ist eine Frech­heit.

Hier in Deutsch­land hat sich über Jahr­zehn­te ein­ge­bür­gert, an Design­prei­sen inter­es­sier­te Gestal­ter erst zur Kas­se zu bit­ten, um dann die meis­ten von ihnen gewis­ser­ma­ßen am Tür­ste­her schei­tern zu las­sen. Einen Preis zu bezah­len, damit man einen Preis über­haupt erhal­ten kann, fin­det in der Design­bran­che in Deutsch­land schein­bar schon lang nie­mand mehr absurd. 

Zusätz­lich zu einer Viel­zahl pri­vat­wirt­schaft­lich orga­ni­sier­ter Design­prei­se gab es zu die­ser Zeit den »Design­preis der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land«, der sich selbst ohne Iro­nie »Preis der Prei­se« nann­te. Es han­del­te sich um einen Wett­be­werb, die Teil­nah­me dar­an kos­te­te Geld und es durf­te sich über­haupt nur »bewer­ben«, wer bereits bei ande­ren Design­prei­sen gewon­nen hat­te, für die in der Regel bereits saf­ti­ge Gebüh­ren fäl­lig gewe­sen waren. Zudem konn­te von einer Viel­zahl gestal­te­ri­scher Dis­zi­pli­nen nur in den Kate­go­rien Pro­dukt- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­de­sign Arbei­ten ein­ge­reicht werden.

Nun ver­langt eigent­lich nie­mand vom Staat, über­haupt einen Design­preis zu ver­lei­hen. Reicht nicht die alt­ehr­wür­di­ge, ganz all­ge­mei­ne staat­li­che Aus­zeich­nung, das Bun­des­ver­dienst­kreuz? Die­ses erhiel­ten in der Ver­gan­gen­heit bereits mehr­fach auch Gestal­ter. Im Unter­schied zur welt­weit wahr­ge­nom­me­nen Ver­lei­hung des bri­ti­schen Ver­dienst­or­dens durch die Queen an Gestal­ter wie Jona­than Ive oder Vivi­en West­wood kriegt aber von der Ver­lei­hung durch den deut­schen Bun­des­prä­si­den­ten an Gestal­ter wie Kurt Wei­de­mann oder Rido Bus­se kaum einer etwas mit.

Jeden­falls woll­te unse­re Regie­rung offen­bar einen Design­preis ver­lei­hen. Sie, genau­er: das Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um, noch genau­er: eine vom Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um beauf­trag­te Fir­ma, ver­lieh den »Preis der Prei­se« höchst offi­zi­ell, ließ ihn sich aber an der Hin­ter­tür bezah­len. Das leg­te den Schluss nahe, dass unser Staat Gestal­tung offen­sicht­lich nicht als Kul­tur­gut begreift, son­dern maxi­mal als Vehi­kel der Wirt­schaft. Er möch­te inter­na­tio­nal mit etwas glän­zen, das er selbst lei­der weder ver­steht noch respektiert.

Anfang 2012 hat­te das Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um sei­nen Preis nach eige­nem Dafür­hal­ten »sub­stan­ti­ell« refor­miert, näm­lich der­ge­stalt, dass das Minis­te­ri­um zwar das bis­he­ri­ge Buß­geld für die Preis­trä­ger in Höhe von 2.900 Euro abschaff­te, dafür aber die Gebühr um 167 Pro­zent von 210 auf 350 Euro erhöh­te. Die mit der Orga­ni­sa­ti­on beauf­trag­te Fir­ma soll­te den Wett­be­werb fort­an auf eige­nes wirt­schaft­li­ches Risi­ko durch­füh­ren und das Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um wür­de sich nur im Not­fall mit einer gerin­gen Sum­me betei­li­gen. Außer einem ein­zel­nen, dotier­ten neu­en Preis für Nach­wuchs­de­si­gner gab es nach wie vor kei­ner­lei Preis­gel­der. Da in unse­rer Regie­rung offen­bar einer nicht weiß, was der ande­re nicht weiß, schwan­gen sich zur glei­chen Zeit Umwelt­mi­nis­te­ri­um und Umwelt­bun­des­amt gemein­sam dazu auf, nach ähn­li­chem Mus­ter einen davon unab­hän­gi­gen wei­te­ren staat­li­chen Design­preis zu ver­ge­ben, den »Bun­des­preis Ecode­sign« – mit Gebüh­ren bis zu 750 Euro. 2014 wur­de über­haupt alles abge­bla­sen. Seit­her gibt es über­haupt kei­nen offi­zi­el­len staat­li­chen deut­schen Design­preis mehr. Kurz­um: unse­rer Regie­rung war und ist ein Design­preis weder finan­zi­ell noch ideell viel wert.

Höchs­te Zeit, fand ich, für einen wirk­li­chen Ehren­preis. Die­sen rief ich 2012 ins Leben. Er ent­wi­ckel­te in kür­zes­ter Zeit eine erstaun­li­che Eigen­dy­na­mik. Der »Ehren­preis für Gestal­tung« ist für sämt­li­che gestal­te­ri­schen Dis­zi­pli­nen offen. 

Ziel ist, das Anse­hen der Kul­tur­leis­tung »Gestal­tung« in Deutsch­land zu för­dern, indem die­se nicht nur gezeigt, son­dern indem auch dar­über auch gere­det wird. Vor­bild des Ehren­prei­ses ist das Bun­des­ver­dienst­kreuz – eine für die damit Aus­ge­zeich­ne­ten unver­hoff­te und kos­ten­lo­se Ehrung. Jeder, der gute Gestal­tung zu schät­zen weiß, kann auf unse­rer Sei­te Arbei­ten vor­schla­gen, dis­ku­tie­ren und für den Publi­kums­preis emp­feh­len. Sämt­li­che Arbei­ten, Tex­te und Betei­lig­te sind und blei­ben auf unse­rem Por­tal sicht- und auf­find­bar. Über die Jah­re soll hier eine stän­dig ver­füg­ba­re Schau­sammlung wach­sen, eine Infor­ma­ti­ons- und Inspi­ra­ti­ons­quel­le. Dar­auf freu­en wir uns schon. Wir – das waren und sind 14 Berufs­tä­ti­ge und 28 Stu­die­ren­de aus ganz Deutschland.

Hier kannst Du die bis­her vor­ge­schla­ge­nen Arbei­ten anse­hen.
Seit gerau­mer Zeit ruht der Ehren­preis jedoch, da uns nach andert­halb Jah­ren inten­si­ver Arbeit die Pus­te aus­ging. Wir konn­ten es uns zeit­lich und finan­zi­ell auf Dau­er nicht leis­ten, wei­ter­zu­ma­chen. Vor allem aber fehlt es an finan­zi­el­len Mit­teln: einer Mäze­nin oder – war­um nicht – einer staat­li­chen Geld­quel­le, um die­sen Preis zu organisieren.

Ich blei­be zuver­sicht­lich, dass zu gege­be­ner Zeit wie­der Bewe­gung in die Sache kommt.

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